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Die drei Arten der Sicherheit

Dieser Artikel wurde von David Hembrow verfasst und erschien ursprünglich in seinem englischsprachigen Blog „A View from the Cycle Path“ im September 2008.

Übersetzung: Günther Reimers
Redaktionelle Mitarbeit: Andreas Hartmann

Eine Familie fährt abgegrenzt von der Fahrbahn einer Hauptstraße gemeinsam Rad. Die Gurte am Kindersitz des vorderen Rades sind lose geblieben. Kinder, die ein wenig älter sind, radeln selbst. Niemand von ihnen trägt Sicherheitsausrüstung. Das Kind hinten ist von irgendetwas „abgelenkt“, aber die Eltern haben deswegen keinerlei Bedenken.

Eine Familie fährt abgegrenzt von der Fahrbahn einer Hauptstraße gemeinsam Rad. Die Gurte am Kindersitz des vorderen Rades sind lose geblieben. Kinder, die ein wenig älter sind, radeln selbst. Niemand von ihnen trägt Sicherheitsausrüstung. Das Kind hinten ist von irgendetwas „abgelenkt“, aber die Eltern haben deswegen keinerlei Bedenken. Dies veranschaulicht bzw. erläutert subjektive Sicherheit.

In Bezug auf das Radfahren sind die Niederlande der sicherste Ort der Welt. Diese Tatsache wird oft auf einen „safety in numbers“-Effekt zurückgeführt. Tatsächlich jedoch ist das Design der Infrastruktur von zentraler Bedeutung – darüber darf nicht hinweggesehen werden.

Viele Menschen wünschen sich, dass ihr eigenes Land den Niederlanden nacheifert. Dabei hapert es jedoch nicht selten am Verständnis für die Voraussetzungen des niederländischen Erfolgs.

Vor vielen Jahren habe ich mich in Großbritannien für die Förderung des Radverkehrs engagiert. Ich reiste von Stadt zu Stadt und redete mit vielen Leuten über den Radverkehr. Meine Gesprächspartner wussten alle sehr genau, dass Radfahren gesund ist, gut für die Umwelt usw. Viele von ihnen hätten nur zu gern ihre Alltagswege mit dem Rad erledigt.

Wenn sich die Menschen dann doch gegen das Fahrrad entscheiden, lautet die häufigste Begründung: „Es ist zu gefährlich.“ Wir müssen uns also die Frage stellen: Was meinen die Leute mit „Gefahr“?

Baulich getrennte Radweg, 4 meter breit, mit ebene, rot-asphaltierte Oberfläsche. Eine Familie fährt Fahrräder auf den Radweg.

Einer von vielen 4 m breiten Fahrradwegen in Assen.

Es gibt drei Maße für die Sicherheit. Alle drei werden in der niederländischen Radinfrastruktur beachtet.

  1. Effektive Sicherheit: Die durchschnittliche Strecke in km, die eine Person zurücklegen kann, bevor eine Unfallverletzung eintritt.
  2. Subjektive Sicherheit (manchmal auch „gefühlte Sicherheit“ genannt): Fühlt sich das Fahrradfahren sicher an? Fährt der Radfahrer direkt neben dem schnellfahrenden Kfz-Verkehr? Wie einfach ist es, durch den Verkehr hindurch abzubiegen? Wird man gezwungen, „schnell“ zu radeln, um mit dem Verkehr mitzuhalten?
  3. Soziale Sicherheit: Was erwartet mich hinter dieser uneinsehbaren Ecke? Werde ich Opfer eines Überfalls, wenn ich radle?

Das Augenmerk von Fahrradaktivisten und Radverkehrsplanern liegt oft auf der effektiven Sicherheit, und das ist gut so – Radfahren sollte selbstverständlich so sicher wie nur möglich sein. Tatsächlich ist Radfahren in den meisten Ländern nicht besonders risikobehaftet. Diese Statistiken werden in der Fahrradliteratur, die den Radverkehr befürwortet, immer wieder herausgestellt.

Das Problem ist jedoch: Niemand fällt seine Entscheidung für oder gegen das Fahrrad aufgrund solcher Zahlen. Dies ist also kein erfolgversprechender Weg, um Menschen vom Fahrrad zu überzeugen.

Wenn die Leute ihre Entscheidung darüber treffen, ob Radfahren „sicher“ ist, dann meinen sie gemeinhin den zweiten und den dritten Typ der Sicherheit: die subjektive und soziale Sicherheit. Und wenn sie für jemand anderen entscheiden – beispielsweise für ihr Kind oder ihren Partner – dann werden diese Aspekte noch einmal überproportional wichtiger.

Mutter und Kind, radfahren auf ein Radweg. Einer Abstand von mehreren Metern zwischen Fahrbahn und Radweg.

Mutter und Kind. Der Abstand von mehreren Metern zwischen Fahrbahn und Radweg ist entscheidend für einen hohen Level an subjektiver Sicherheit.

Wie also kann die subjektive Sicherheit verbessert werden? Eine unvollständige Liste:

  • Radfahrer sollten nie zwischen schnellem Kfz-Verkehr und auch nicht auf Fahrbahnen mit hoher Kfz-Belastung fahren müssen. (Ein Drittel aller niederländischen Straßen hat ein Tempolimit von max. 30 km/h. Die meisten 50-km/h-Straßen sind mit einem abgetrennten Radweg ausgestattet, ebenso wie viele 30-km/h-Straßen, die eine hohe Kfz-Belastung aufweisen.)
  • Aufgemalte Radstreifen und Radwege mit unzureichender Trennung von der Fahrbahn sind an hoch Kfz-belasteten Straßen oder an Straßen mit hoher Kfz-Geschwindigkeit untauglich.
  • Geschwindigkeitsbegrenzungen und Reduzierung der Kfz-Belastung sind hilfreich. Alle Wohnstraßen und ein Drittel des gesamten Straßennetzes in den Niederlanden haben ein Tempolimit von max. 30 km/h.
  • Völlig getrennte Radwege bieten eine hohen Grad an subjektiver Sicherheit. Der Ausbaustandard muss jedoch angemessen sein. In und um Assen herum ist das Minimum für die Breite von Einrichtungswegen für Radfahrer 2,5 m und 4 m für Zweirichtungswege. Die Wege für Fußgänger sind abgetrennt.
  • Das Design der Kreuzungen und Einmündungen muss sicherstellen, dass Radfahrer in jedem Fall gesehen werden. Radfahrer können räumlich und zeitlich mit maximaler Sicherheit und Effizienz so vom motorisierten Verkehr getrennt geführt werden.
  • In vielen Fällen können Radfahrer Kreuzungen und Einmündungen gänzlich vermeiden, so dass Knotenpunkte den Radverkehr so wenig wie nur möglich behindern.
  • In Assen verlangen die neuen Standards, dass straßenbegleitende Radwege in einem Mindestabstand von 2,5 m von der Fahrbahn verlaufen. Wo dies nicht möglich ist (vorwiegend außerhalb der Stadtgrenzen), ist eine metallene Barriere angebracht. Sie bietet sowohl ein Gefühl von subjektiver Sicherheit als auch eine tatsächliche Sicherheit vor einem Zusammenstoß mit Kfz.
  • Wo möglich, folgen die Radrouten einer komplett anderen Trasse als die Kfz-Trassen. Dies verbessert natürlich die subjektive Sicherheit weiter.
  • Fahrgeräusche des motorisierten Verkehrs lassen sich durch lärmschluckende Fahrbahnoberflächen sowie durch das Installieren von Lärmschutz zwischen Fahrbahn und Radfahrern reduzieren. (Diese Maßnahmen kommen vorwiegend an größeren Straßen außerhalb der Stadt zum Einsatz.)

Und Soziale Sicherheit:

  • Das Ende eines Tunnels sollte schon beim Einfahren sichtbar sein.
  • Tote Winkel und uneinsehbare Ecken sind nicht akzeptabel.
  • Radwege müssen breit genug sein, sodass Radfahrer anderen sicher und komfortabel ausweichen können.
  • Radfahrern sollte nicht das Gefühl gegeben werden, dass die Polizei ihre Beschwerden nicht ernst nimmt. Eine niedrige Kriminalitätsrate und eine hohe Aufklärungsrate von Überfällen und anderer Delikte sind notwendig.
  • In einer sauberen Umgebung ohne Müll, Grafitti und in die Radwege wucherndes Gestrüpp ist das Gefühl sozialer Sicherheit höher. Gepflegter Bewuchs verstärkt diesen Faktor.
  • Radwege müssen nachts ausreichend beleuchtet sein, so dass mögliche Gefahren rechtzeitig zu sehen sind.

Wenn sowohl die subjektive wie auch die soziale Sicherheit gewährleistet sind, steigen die Leute mit Vergnügen aufs Fahrrad.

In der Natur, fernab von allem motorisierten Verkehr, radelt eine Familie gemütlich dahin.

In der Natur, fernab von allem motorisierten Verkehr, radelt unsere Familie gemütlich dahin.

Niemand begibt sich freiwillig in eine für ihn offenkundig gefährliche Situation. Jeder ist um die Sicherheit seines Kindes oder Partners besorgt. Das ist der Grund, weshalb auch viele Kurzstrecken mit dem Auto statt mit dem Rad zurückgelegt werden.

Es hilft nichts, über diese persönlichen Entscheidungen zu streiten oder sie lächerlich zu machen. Die Entscheidung für das Kfz beruht auf vordergründig rationalen und nachvollziehbaren Gründen. Das Vertrauen in das Fahrrad als sicheres Verkehrsmittel unter den jeweils gegebenen Umständen ist von Person zu Person verschieden.

Will man mehr Leute für das Rad begeistern, muss man sich für Straßen einsetzen und diese bauen, auf denen Radfahren attraktiv ist. Genau das haben die Niederländer in ungeheurem Umfang getan. Das ist das Geheimnis hinter hohem Radanteil und hoher Radverkehrssicherheit.

Man darf nicht den Fehler machen, Sicherheit für ein Thema zu halten, dass nur für unerfahrene Radfahrer wichtig ist. Es schadet niemanden, wenn Radfahren hoch attraktiv ist. Maßnahmen zur Erhöhung der subjektiven und der sozialen Sicherheit erhöhen für alle Menschen die Attraktivität des Fahrrads. In einer subjektiv als sicher empfundenen Umgebung fahren geübte Radfahrer bis ins Alter – Radfahren wird zu einem lebenslangen Verhaltensmuster.

Wenn Radfahrer die Fahrbahn nutzen möchten, obwohl es einen straßenbegleitenden Radweg gibt, ist dies ein sicheres Zeichen für einen schlechten Radweg. Für Aktivisten und deren Planung muss gelten: Das Beste ist gerade gut genug.

Persönliche Sicherheitsausrüstung

Was hat das nun mit Helmen und Warnwesten zu tun?

Für manche Leute erhöht diese Art der Ausrüstung das persönliche Sicherheitsgefühl so weit, dass sie auf ein Fahrrad steigen. Diese Ausrüstung hat jedoch nur eine geringe Auswirkung auf die effektive Sicherheit – sie schützt nicht wirklich. Sie kann sich sogar negativ auf die subjektive Sicherheit anderer Leute auswirken, denn Radfahren sieht so gefährlich aus.

Wo Radfahren als subjektiv sehr sicher wahrgenommen wird, wie es in den Niederlanden der Fall ist, trägt niemand diese Hilfsmittel. Das Radfahren in den Niederlanden ist ohne diese Gimmicks sicherer als irgendwo anders, auch wenn dort Helme und Warnweste getragen werden.

Ein britisches Kind wird im „safe cycling“ unterrichtet. Es trägt fluoreszierende Kleidung sowie einen Helm. Es radelt im Rinnstein einer Wohnstraße mit regem Durchgangsverkehr.

Ein britisches Kind wird im „safe cycling“ unterrichtet. Es trägt fluoreszierende Kleidung sowie einen Helm. Es radelt im Rinnstein einer Wohnstraße mit regem Durchgangsverkehr.

Nachtrag: Subjektive Sicherheit für alle vs. subjektive Sicherheit für den Einzelnen

Nach Veröffentlichung des obigen Textes wurde mir klar dass viele Leser mich in meiner Absicht missverstanden haben, zwei Arten von „subjektiver Sicherheit“ zu beschreiben.

Das A und O der beiden, die subjektive Sicherheit für alle, wirkt auf die gesamte Gesellschaft ein, indem sie jedermann zum Radfahren motiviert. Darum geht es im obigen Artikel. Diese subjektive Sicherheit für alle ist die Ursache, dass Niederländer allen Alters und aller sozialer Schichten das Radfahren selbst dann noch als eine sichere Angelegenheit ansehen, wenn sie nachts in schwarzer Kleidung auf einem Rad ohne Beleuchtung unterwegs sind. Radfahren in den Niederlanden fühlt sich unter nahezu allen Umständen sicher an. Dies führt zu einem sehr hohen Radanteil am Verkehr.

Die andere Art der subjektiven Sicherheit, die subjektive Sicherheit für den Einzelnen, betrifft Radfahrer, die sich mit Sicherheitsausrüstung wie Helm und fluoreszierende Kleidung ausrüsten. Dies kann einigen ohnehin leidenschaftlichen Radfahrern ein höheres Sicherheitsgefühl vermitteln und sie vielleicht noch ein bisschen mehr radeln lassen. Es ist jedoch sehr zweifelhaft, dass dies zu einer messbaren Steigerung des allgemeinen Radverkehrsanteils führt.

Einige Leute vertreten die Ansicht, dass es der Steigerung des Radverkehrs abträglich ist, wenn Radler ihre individuelle subjektive Sicherheit mit Sicherheitsausrüstung wie Warnwesten verbessern. Ich glaube nicht, dass die allgemeine subjektive Sicherheit davon berührt wird. Das Problem, dass Menschen das Fahrradfahren nicht als Möglichkeit für sich sehen, liegt im Straßendesign und nicht in der Kleidung der trotzdem Radfahrenden.


Alle Fotos in diesem Blogpost zeigen subjektiv sichere Radfahrer in den Niederlanden, ausgenommen davon ist das letzte Bild. Diesem Kind wird in Cambridge „safer cycling“ beigebrach. Es radelt zwar zu dicht am Kantstein und noch dazu auf einem Rad der falschen Größe, aber dafür trägt es fluoreszierende Kleidung und einen Helm. Dies Kind in der fluoreszierenden Kleidung wird wahrscheinlich in ein paar Jahren das Radfahren aufgeben – während die niederländischen Radfahrer aller Wahrscheinlichkeit nach ihr ganzes Leben lang Rad fahren werden. Der Grund dafür ist, dass das hohe Niveau an subjektiver Sicherheit Radfahren zu einer sehr angenehmen Sache macht.

Pro Radkilometer haben Niederländer im Gegensatz zum UK eine dreifach geringere Wahrscheinlichkeit eines tödlichen Unfalls und eine vierfach geringere, verletzt zu werden. Im Gegensatz zu den USA ist die Wahrscheinlichkeit eines tödlichen Unfalls sogar fünfmal geringer, die Gefahr einer Verletzung durch Unfall sogar 30 mal geringer (Statistik hier [PDF], Seite 506). Hier finden Sie weitere Informationen zum Thema Radverkehrssicherheit in den Niederlanden.

Diese Statistiken sind jedoch nur die halbe Wahrheit. Niederländische Radfahrer, die der üblichen demographischen Verteilung der Radfahrer anderer Länder entsprechen, sind tatsächlich viel sicherer unterwegs, als es diese Unfallstatistiken vermuten lassen. Zwei Drittel aller tödlichen Radverkehrsunfälle in den Niederlanden betreffen Radfahrer über 65 Jahre. Die meisten dieser Unfälle sind Alleinunfälle – wenn alte Menschen stürzen, kann leider allein das Alter die Ursache sein, die zum Tode führt.

Es ist eine unglückselige Tatsache, dass man mit zunehmendem Alter gebrechlicher wird. Verletzungen, die in der Jugend vielleicht eine leichte Beschwerde verursachen, können im Alter zu Knochenbrüchen führen. Verletzungen, die früher zu Knochenbrüchen führten, können im Alter tödlich sein.

Dieser Effekt ist in den USA und in Großbritannien nahezu unbekannt. Menschen im fortgeschrittenen Alter radeln dort so gut wie gar nicht.


Hembrow Fahrradinfrastruktur Studienreisen

Fahrradinfrastruktur Studienreisen

Sehen Sie selbst, die erzielten Ergebnisse, und besuchen Sie diese Orte! David Hembrow, Autor der englischen Originalversion dieses Blogbeitrags, veranstaltet regelmäßige Studienreisen für Politiker, Planer und Aktivisten aus allen Ländern und zeigt ihnen die beste Fahrrad-Infrastruktur der Welt.

Fahrrad-Studienreise-Gruppe in Stadtzentrum von Assen, die Niederlande

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Zitate von den Verfechtern des Fahrbahnradfahrens, auch mit Fotos von den Niederlanden

Dieser Artikel erschien ursprünglich auf meinem englischsprachigen Blog im August 2012.

Redaktionelle Mitarbeit: Katja Leyendecker

Der moderne Führer des Fahrbahnradfahrens heißt John Forester (USA). Später war auch sein Anhänger John Franklin in Großbritannien sehr einflussreich. Beide von ihnen haben Bücher über Fahrbahnradeln geschrieben, die sehr einflussreich waren – natürlich, an sich stellt das kein Problem dar.

Aber leider führten beide dieser Fahrbahn-Befürworter einen Kampf gegen Radinfrastruktur, weil sie so fest davon überzeugt waren/sind, dass es „Radfahrer am besten geht, wenn sie als Kraftfahrzeugfahrer auf der Straße agieren und als Kraftfahrzeugfahrer wahrgenommen werden“. Jahrzehntenlang war Radaktivismus in den USA und in GB von dieser Idee beherrscht – selbst wenn das Radfahren in diesen Ländern immer weiter abnahm.

Ihre Befürwortung des Fahrbahnradelns hat noch dazu in die Hände der Autoindustrie gespielt. Es führte auch dazu, dass über viele Jahren hinweg der Straßenbauingenieur, wenn er eine Ausrede für schlechte Radverkehrsumstände brauchte, einfach sagen konnte: „Ne, ist nicht notwendig den Radverkehr zu berücksichtigen. Die Radler wollen doch zwischen den Autos und LKWs fahren. Abgehakt!“

Als ich zum ersten Mal in den Niederlanden war, wurde mir der Wahnwitz dieser Worte ganz klar. Ihre Lehren stehen der Wahrheit und der Realität völlig entgegen. Eine effektive Radinfrastruktur existiert flächendeckend in den NL.

Glücklicherweise hat uns das Internet einen tollen Einblick in gute und effektive Fahrradinfrastruktur in den Niederlanden und auch anderen Ländern verschafft. Foresters and Franklin’s Idee das „Fahrradfahren als Autofahren zu behandeln“ wird nun in GB und USA glücklicherweise nur noch mit einem Schmunzeln betrachtet.

Also, um den Wahnsinn deutlich darzustellen, habe ich die Worte dieser beiden Fahrbahn-Befürworter mit niederländischen Szenen kontrastiert. So können wir dann deutlich sehen, dass diese ehemaligen Kaiser gar keine Kleider tragen.

Klicken Sie auf das Bild für eine größere Version.

Foto: Zwei junge Mädchen radeln auf Radweg, sicher getrennt von eine verkehrsreiche Fahrbahn. John Forester: „Ich habe viele gefährliche Dinge beschrieben: die gefährlichsten sind Radwege und verkehrsberuhigte Wohngebiete. Die richtige Art, dieser Einrichtungen zu bewältigen, ist sie nicht zu benutzen, und statt dessen auf der normalen Fahrbahnen zu fahren.“

Ja, na los, Mädchen! Folgt dem Ratschlag von John Forester, und fahrt auf der Fahrbahn. Alles wird gut gehen, solang ihr eure Fahrräder als Kraftfahrzeuge benutzt.

 

Foto: Zwei Familien mit kleine Kinder fahren auf eine echte Radweg in die Niederlande. John Franklin: „Die sichere Benutzung der meisten Radinfrastrukturen braucht mehr Fähigkeit und mehr Erfahrung. Es sind die Unerfahrenen, die am häufigsten die Konsequenzen tragen.“

Ach, diese arme Mäuse, die diese bösen Folgen der niederländische Radinfrastruktur erleiden müssen!

 

Foto: Dutzende Radfaher'n am Hauptverkehrszeit in Utrecht. John Franklin: „Trennung [von Radverkehr und Autoverkehr] hat keine nachweisbaren Erfolge und ist kein Sprungbrett für gutes Radfahren oder mehr Radfahren.“

Er hat recht, dieses Szene ist eine Fantasievorstellung. Falls du mal Utrecht in der Hauptverkehrszeit besuchst, wirst du nur leere Radwege finden. Die sind alle nur zur Schau, wie die Autobahnen in Nordkorea.

Foto: Rennradler auf niederländische Radweg. John Franklin: „Effizientes und schnelles Radfahren ist wichtig, wenn Radfahren als Verkehrsmittel mit dem Auto konkurrieren soll. Jegliche Art von getrennten Radwegen verhindert das, weil die Radwege das Radfahren langsam und gefährlich machen.“

Dieser Mann fährt sein Rennrad langsam. Er trägt Elasthan nur, um sexy rüberzukommen.

 

Foto: Ein klein jung Mädchen, fährt mit Rad auf Radweg. John Franklin: „Die zusätzliche Sorgfältigkeit, die durch die Anwesenheit von Kraftverkehr erzwungen ist, schafft üblicherweise die sicherste Bedingung für Radfahren.“

Wenn nur einige Lastwagen und Taxis hier wären, würde dieses Kind wirklich viel sicherer sein, und geschützter vor all diesen Radwegen!

 

Foto: Zwei smarte Geschäftsleute auf ein Radweg entspannte fahrradfahren. John Forester: “Warum beharren die Niederländer denn darauf, das Fahrrad als Verkehrsmittel zu benutzen, wenn doch das System so sehr gegen sie gerichtet ist? Warum fahren sie denn Rad, wenn die Radverkehrsanlagen sie doch durch niedrige Geschwindigkeiten und große Verzögerungen eingeschränkt? Diese Nachteile werden ihnen aufgezwungen, durch die gefährliche Gestaltung des Systems, dass sie gezwungen werden zu benutzen.“

Das System ist so massiv gegen diese Leute verschworen! Kannst du nicht sehen wie die schlechte Stimmung und der Stress sich in den Gesichtern widerspiegelt?

 

Drei Fotos: Ein Frau radelt mit Kinder in Kinderlastenrad, zwei junge Kinder nebeneinander radeln und plaudern, und ein alter Mann mit Behinderungen auf ein Dreirad. John Franklin: „Man ist als Radfahrer am sichersten im Straßenverkehr, wenn man die gleiche Geschwindigkeit der anderen Fahrzeuge aufrecht erhält. Eine 32km/h Sprintgeschwindigkeit ermöglicht die meisten Verkehrssituationen ganz einfach zu bewältigen.“

Ich bin sicher, dass diese Leute mit 32km/h gut und gerne radfahren können. Wenn nicht, dann sollten sie halt nicht mit dem Fahrrad fahren. Es ist kein Verkehrsmittel für alle, sondern ein knallhart Sport für ernste Männer wie John Franklin!

 

Foto: Klar gestaltete Radweg am Straßenkreuzung. John Forester: „In Stadtgebieten werden Radwege in ein schreckliches Durcheinander von Einfahrten und Kreuzungsverkehr verwoben.“

Kürzlich in den Niederlanden: Ein schreckliches Durcheinander von Einfahrten und Kreuzungsverkehr. Was für ein undurchdringlicher Dschungel, Herr Forester!

 

Schließlich ein Foto aus England…

Foto: Schwere LKWs in London, verkehrsreiche Fahrbahn. John Forester: „Vehicular cycling (Fahrradfahren wie Autofahren), so benannt weil der Radfahrer sich als Kfz-fahrer verhalten sollte, bietet eine so schnelles und angenehmes Erlebnis, dass die einfache Freude des Fahrradfahrens das Ärgernis des schweren Verkehrs überwindet.“

Das kannst du deiner Oma erläutern.

 

Vielleicht soll ich das letzte Wort zu diesem amerikanischen Kommentator, Eli, lassen, der über einem Blogpost über die Wiederveröffentlichung des Buch von John Forester, geschrieben hatte:

„Ich las das Original von vorne bis hinten, und ich machte auch die ganze LAB (Bund der amerikanische Zweiradfahrer) Fahrradausbildung. Damals machte es Sinn – ich hatte ja nur eine Wahl zwischen begrenzten, gefährlichen, unfähig entworfenen Radwegen, oder der Fahrbahn.

Dann zog ich gen Niederlande. Meine stärkste Erinnerung daran, ist die tägliche Erleuchtung, wie John Forester unser ganzes Land getäuscht hatte. So weit, dass wir gefährliche Infrastruktur wollten, die uns wiederrum selbst verweigert hatte, die Freude und die Freiheit zu genießen, die ich jetzt jeden Tag sah: Kinder mit Bewegungsfreiheit, Mütter mit drei Kindern auf ihrem Fahrrad, und Senioren, die ein gesundes Leben leben.

Dieses Buch gehört in den Mülleimer der Geschichte, zusammen mit seiner gescheiterten Ideologie.“

Stimmt!

 

Bildnachweise: Bakfiets von Goya Bauwens / Dreiräder und die zwei plaudernde Kinder von Mark Treasure / LKWs in London von Rossi.

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100%ige Trennung von Autos und Fahrrädern

Dieser Artikel wurde von David Hembrow verfasst und erschien ursprünglich in seinem englischsprachigen Blog „A View from the Cycle Path“ im April 2012.

Übersetzung: Stephen Watson
Redaktionelle Mitarbeit: Pauline Géhannin / Daniel Pöhler

Immer wieder lese ich Kommentare wie „sogar in Holland sind nicht alle Abschnitte einer Fahrradfahrt getrennt vom Kfz-Verkehr“, oder „wie in Großbritannien nutzen Radler auch in den Niederlanden die Straße“. Es wurde mir vorgeworfen, dass ich das niederländische Fahrradnetz als umfangreicher beschreibe, als es tatsächlich ist.

Solche Kommentare basieren auf einem Missverständnis, wie in den beiden Ländern Straßen geplant und verwendet werden. Dieses Missverständnis kommt normalerweise zustande, weil jemand festgestellt hat, dass es etwa 130.000 Kilometer Straßen in den Niederländern gibt, aber nur etwa 35.000 Kilometer Radwege. Das klingt natürlich, als gäbe es einen erheblichen Mangel an Radwegen.

Straße im Stadtzentrum, in der Autos verboten sind. Lade- und Lieferzeiten sind deutlich angezeigt.

Straße im Stadtzentrum, in der Autos verboten sind. Lade- und Lieferzeiten sind deutlich angezeigt.

Verkehrsruhige Straße in einem niederländischem Stadtzentrum, mit Radstreifen aber fast kein Autos.

Wird diese Straße gemeinsam benutzt? Nicht auf einer gleichen Basis – Fahrräder können durchfahren, für Autos ist es eine Sackgasse.

Die meisten Leute betrachten solche Zahlen, als ob diese 130.000 Kilometer Straßen genau das Gleiche wären wie in ihrem eigenen Land. Das ist aber nicht der Fall und die falsche Weise, diese Zahlen zu betrachten.

Niederländer radeln auf einer Mischung von Straßen und Radwegen. Das heißt aber nicht, dass Fahrradfahrer sich mit Kraftfahrzeugen oft die Straße teilen müssen.

In den letzten Jahrzehnten wurde das Netz von Auto- und Fahrradstrecken entflochten. Wenn man die Routen fürs Auto und Rad für dieselbe Start-Ziel-Kombination vergleicht, findet man in ganz vielen Fällen, dass die zwei Strecken völlig unterschiedlich sind.

Straßen im Stadtzentrum sind belebt, aber mit Fahrrädern statt Autos.

Straßen im Stadtzentrum sind belebt, aber mit Fahrrädern statt Autos.

Ein Kind fährt in der Mitte einer Fahrradstraße.

Ein Kind fährt in der Mitte einer Fahrradstraße. Einst war diese Straße eine verkehrsreiche Durchfahrtsstraße für Autos. Heute ist die Durchfahrt für Fahrräder erlaubt, nicht für Autos.

Dieses Prinzip habe ich mehrmals in meinem Blog gezeigt (auf Englisch: 1, 2, 3, 4, 5, 6). In manchen Fällen wird die Trennung zwischen Autos und Fahrrädern durch das Bauen von Radwegen erreicht. In vielen anderen Fällen aber erfolgt diese Trennung, indem Autos von der Straße entfernt werden.

In den Niederlanden zählen mittlerweile viele Straßen nicht mehr zum Netz der Autorouten. Es gibt immer noch Zugang für Autos, zum Beispiel für die Bewohner einer Straße, aber es gibt keine Durchfahrten für Autos. Deswegen sind sie überhaupt nicht von Autos dominiert. Ein Radler auf so einer Straße hat ein ähnliches Gefühl von Sicherheit wie auf einem Radweg.

Nur wenn Fahrradfahren sich nicht wie ein Extremsport anfühlt, kann es so beliebt werden wie in den Niederlanden.

In niederländischen Wohnstraßen ist Autos selten die Durchfahrt gestattet, auch wenn sie ursprünglich so geplant wurden. Deswegen kann man sie hervorragend zu Fuß oder mit dem Rad nutzen, mit einem hohen Niveau an Komfort und Sicherheit.

Wohnstraße, kein Radweg nötig, da keine Durchfahrt für Autos möglich ist.

Wohnstraße. Kein Radweg nötig, da keine Durchfahrt für Autos möglich ist. Autos werden hier geparkt, aber nicht oft benutzt.

In manchen Fällen wurde dies formalisiert, indem man „Woonerven“ (Wohngebiete) eingerichtet hat, aber viele von deren Eigenschaften finden sich auch in zahlreichen anderen Straßen, die keine Woonerven sind.

In Woonerven muss Schritttempo gefahren werden. Aber sie sind nicht die einzigen Straßen mit einer niedrigen Geschwindigkeitsbegrenzung. Eigentlich gibt es 40.000 Kilometer Straßen in den Niederlanden (ein Drittel aller Straßen) mit einer Geschwindigkeitsbegrenzung von 30 km/h oder niedriger.

Diese Senkung des Tempolimits auf den Nebenstraßen ist so umfassend wie möglich umgesetzt worden. Es ist jetzt schwer, mehr Sicherheit durch diese Methode zu schaffen, da die Straßen, die immer noch Kfz-Durchfahrten erlauben, kaum durch eine einfache Änderung der Geschwindigkeitsbegrenzung ruhiger werden.

Diese Fotos zeigen verschiedene Straßen, auf denen Radler ein ähnliches Niveau von Sicherheit haben wie auf einem Radweg – subjektiv sowie objektiv.

In einem Dorf fahren Kinder allein von der Schule zurück nach Hause, auf Straßen, die keine Durchfahrten für Autos erlauben.

In einem Dorf fahren Kinder allein von der Schule zurück nach Hause, auf Straßen, die keine Durchfahrten für Autos erlauben. Im Durchschnitt fahren Kinder allein ab acht Jahren.

Diese Prinzipien werden nicht nur in der Stadt umgesetzt – sie sind auch häufig in Dörfern und auf dem Land zu finden. Deswegen können kleine Kinder allein zur Schule und zurück radeln.

Sogar auf dem Land kann man lange Strecken auf „Straßen“ fahren und kaum einem Auto begegnen. Solche Straßen funktionieren als Durchfahrten für Fahrräder, weil sie mit Radwegen verbunden sind. Für Autos sind sie Sackgassen oder führen zu langen Umleitungen oder holprigen Straßen, die im Winter nicht geräumt werden.

Zwei Straßen parallel in dem Land – eine ist für Autos, die andere für Fahrräder, für den Zugang zu Häusern und für Landwirtschaftsfahrzeuge.

Zwischen Dörfern in den Niederländern gibt es oft zwei Straßen parallel – eine ist für Autos, die andere für Fahrräder, für den Zugang zu Häusern und für Landwirtschaftsfahrzeuge. Manchmal kann ist die Route für Autos von der Route für Fahrräder weiter entfernt.

Wegweisertafeln in einem Dorf, viele Routen sind für Fahrräder, nur eine Richtung für Autos.

Schilder in einem Dorf. Viele Routen sind für Fahrräder, nur eine Richtung für Autos.

Das Entflechten von Routen für Autos und Fahrräder hat viele Vorteile für Radfahrer: weniger Lärm und Luftverschmutzung sowie mehr Sicherheit, da es weniger Konfliktpotenzial gibt.

Radler haben ein hohes Niveau an subjektiver Sicherheit, wenn sie sich nicht mit Autos mischen müssen – aber nicht unbedingt, weil sie auf einem Radweg fahren. Straßen mit (fast) keinem Autoverkehr brauchen keinen parallelen Radweg.

Ein merkwürdig großer Anteil an Straßen in den Niederlanden haben praktisch keinen Autoverkehr. Dies ist ein Grund, weswegen 35.000 Kilometer Radwege keineswegs ein Mangel bedeuten, im Vergleich zu den 130.000 km Straßen.

Auf Straßen mit einer nennenswerten Menge an Autoverkehr kann man sich darauf verlassen, dass es einen parallelen Radweg gibt. Auf diese Art und Weise kann eine fast vollständige Trennung zwischen den verschieden Verkehrsarten erreicht werden, auch wenn die Gesamtlänge von Radwegen „nur“ ein Viertel der Gesamtlänge der Straßen ist.

Eine verkehrsreiche Straße mit getrennte Radwege.

Obwohl auf jedem Foto dieses Beitrages Fahrräder von Autos getrennt sind, ist dies das einzige Bild, wo diese Trennung durch einen Radweg erreicht wird. Diese Straße erlaubt die Durchfahrt für Kraftfahrzeuge und wird von vielen Autos genutzt. Deswegen ist ein Radweg nötig.

Der Titel dieses Beitrages ist absichtlich provokant. Er ist aber zutreffend. Folgendes ist meine Erfahrung: Wenn man Fahrrad in den Niederlanden fährt, ist man fast immer vom Autoverkehr getrennt – entweder durch einen Radweg oder auf andere Weise.

Ich bin mehrere zehntausend Kilometer in den Niederlanden Fahrrad gefahren, und bis jetzt habe ich keinen Ort gefunden, der sich so gefährlich anfühlt wie meine tägliche Pendelstrecke in Cambridge. Meine gesamte Erfahrung von aggressiven Fahrweisen in diesem Land beschränkt sich auf nur ein kleines Ereignis in fast fünf Jahren.

Dieses Entflechten des Fahrradnetzes vom Kraftfahrzeugnetz findet überall in den Niederlanden statt. Wenn es verstärkten Autoverkehr gibt, auch in Wohngebieten, fordern die Menschen einen Radweg.

Dieser Stadtplan zeigt, wie die Hauptrouten für Fahrräder von den Hauptrouten für Autos in Enschede entflochten wurden.

Dieser Stadtplan, der ursprünglich für einen Artikel von Fietsberaad über Enschede bebilderte, zeigt, wie im Großen und Ganzen die Hauptrouten für Fahrräder von den Hauptrouten für Autos in dieser Stadt entflochten wurden. In dem Artikel wird erzählt, dass auf diesen Routen die Anzahl von 2.500 Autos am Tag nicht überschritten werden darf. Das heißt, die Anzahl von Autos, die man auf einer Wohnstraße erwarten würde. Wird diese Menge überschritten, fühlt sich die Route unangenehm und bedrohlich für Radler an.

Viele Radler, die Urlaub in den Niederlanden machen, nehmen solche Konzepte nicht wahr. Es kommt häufig vor, dass Reisende berichten, dass sie wenige Probleme beim Fahrradfahren hatten, obwohl es Radwege nur auf einem Teil der Reise gab. Dies wird oft dem besserem Verhalten der Autofahrer zugeschrieben, vielleicht wegen besserer Fahrschulausbildung. Leute, die so etwas sagen, haben die „versteckte“ Politik einfach nicht bemerkt.

Straßen hier sind nicht vergleichbar mit Straßen in anderen Ländern. Die Trennung der Verkehrsarten findet auch statt, wenn es keine Radwege gibt. Die Prinzipien der Nachhaltigen Sicherheit verlangen, dass Konflikte reduziert werden. Dies zeigt sich in einer viel besserer subjektiven Sicherheit beim Radfahren.


Hembrow Fahrradinfrastruktur StudienreisenUnsere einzigartigen Erfahrungen vom Leben, Radfahren und der Kampagnenführung in Großbritannien und den Niederlanden haben das Programm unserer Studienreisen geformt, in denen wir möglichst viel von diesem Wissen vermitteln. Die Touren sind interaktiv. Sie befahren die Radwege selber, und wir begleiten Sie dabei und erklären Ihnen, was Sie erleben. Um mehr zu erfahren, buchen Sie eine Tour.

Kein Ersatz für eine Tour, aber ein Vorgeschmack, wie es in der Praxis aussieht, sehen Sie in dem Video unten. Es zeigt eine normale Reise mit dem Rad. In diesem Fall ist es die Strecke von einem nahegelegenen Einkaufszentrum zu unserem Haus.

 

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Die Benutzungspflicht ist irrelevant

This article was also published in English, here.

Dieser Artikel wurde auch auf Englisch veröffentlicht, hier.

Redaktionelle Mitarbeit: Daniel Pöhler

Die sogenannte Radwegebenutzungspflicht ist nicht der Grund, der die Menschen in Deutschland vom Radfahren abhält. Die schlechte Fahrrad-Infrastruktur ist die Ursache für Deutschlands drittklassigen Radverkehrsanteil.

Zunächst will ich sagen, dass ich verstehe, warum viele von euch die Benutzungspflicht hassen, und dass viele auch gegen den Begriff „Radweg“ sind. Die meisten Radwege in meiner Stadt Berlin sind schrecklich – schmale, holprige Pisten am Rand des Bürgersteigs. Das sind keine Radwege, das ist eine Beleidigung. Und es ist unangemessen, die Menschen dazu zu zwingen, solche schlechte Infrastruktur zu benutzen.

Aber die oft vorgeschlagene Lösung für diese Probleme – ein Ende der Radwege und stattdessen das Recht, dass alle auf der Fahrbahn radeln – ist überhaupt keine Lösung. Es tauscht lediglich Probleme gegen eine Reihe von anderen Problemen aus.

Selbst gegenüber schnellen Radfahrern, die sich sicher auf der Fahrbahn bewegen, werden nicht plötzlich alle Autofahrer rücksichtsvoll und höflich sein. Genauso wie so viele andere Vorschriften von allen möglichen Verkehrsteilnehmern ignoriert werden. Die Entfernung der runden blauen Schilder wird leider nicht die Einstellung gegenüber Radfahrern auf der Straße ändern. Es ist kein Schritt in Richtung eines sicheren Radverkehrs für alle.

Die Aufhebung der Benutzungspflicht bringt nur sehr wenigen Leuten etwas. Es gibt viele Menschen, für die das Radfahren unter Kraftfahrzeugen einfach nicht funktionieren kann: Kinder, Senioren, Menschen mit Behinderung. Sie alle haben aber auch das Recht, schnell und effizient im Verkehr voranzukommen. Radfahren auf der Fahrbahn ist eindeutig keine Massentransportlösung.

Danziger Strasse, breite, schnelle, verkehrsreiche Straße. Mit Gehwegradler

Die Aufhebung der Benutzungspflicht wird diese verkehrsreiche Straße nicht in ein angenehmes oder sicheres Umfeld zum Radfahren verwandeln.

Könnte die Benutzungspflicht sogar eine gute Sache sein?

Die beiden erfolgreichsten Fahrradnationen der Welt haben eine Benutzungspflicht. Ja, das ist richtig: Für unsere Nachbarn in den Niederlanden und in Dänemark ist die Verwendung der meisten Radwege obligatorisch.

Und niemand in diesen Ländern würde das hinterfragen. Warum sollte man auf der Straße radeln wollen, unter bedrohlich wirkenden, umweltverschmutzenden Autos und Lieferwagen, wenn man stattdessen ebene, breite Radwege nutzen darf? (Der entscheidende Punkt hier ist, dass sie von guter Qualität sind.)

Umgekehrt hat mein Heimatland Großbritannien überhaupt keine Benutzungspflicht. Hatte es nie.

Es ist der Traum vieler deutscher Radaktivisten: In Großbritannien hat man als Radfahrer das Recht, die ganze Straße zu benutzen, genauso wie der Fahrer eines Autos das Recht dazu hat. Sicherlich muss Großbritannien ein wahres Fahrradparadies sein! Bestimmt sind Autos zahlenmäßig unterlegen, es muss noch mehr Fahrräder als in niederländischen Städten geben!

Nun, die Antwort ist nein, nicht einmal annähernd.

Fahrradfahren in Großbritannien ist fast ausnahmslos schrecklich. Es gilt als stressig und gefährlich, etwas, das nur wenige fitte, gesunde und leicht exzentrische Menschen tun. Das Konzept des Radfahrens wurde zu einem Extremsport reduziert, über den man in der Regel etwas höhnisch spricht. Es ist schwer zu beschreiben, wie niedrig der Status des Fahrrads als Verkehrsmittel in Großbritannien ist. Radfahren im Alltag existiert fast nicht in den meisten Regionen des Landes.

Einen Balkendiagramm, dass vergleicht die Verkehrsanzahl für Radfahren, und wie gefährlich ist Radfahren, in die Niederlande, Dänemark, Deutschland und Großbritannien. Die Niederlande ist sicherste und der größter Fahrradanteil. Großbritannien ist ganz anders, wenig Radfahren, sehr gefährlich. Nur Großbritannien hat kein Radwegbenutzungspflicht.

Die Niederlande sind ganz klar das Erfolgsmodell, nicht Großbritannien. Warum sollten wir also kopieren, was Großbritannien getan hat?

Die obige Grafik basiert auf einem Diagramm, das noch mehr Länder zeigt, aber ich habe es vereinfacht, um nur die Länder, über die ich schreibe, darzustellen.

Die Benutzungspflicht korreliert deutlich mit einem höheren Anteil an Radfahrern und weniger Todesfällen. Natürlich spielen auch andere Faktoren dafür eine Rolle. Aber es könnte tatsächlich sein, dass eine Benutzungspflicht den Radverkehrsanteil erhöht und das Radfahren sicherer macht. (Das ist jedoch nicht meine Behauptung.) Gewiss aber schadet sie dem Radfahren nicht.

Man kann also sagen, dass die Benutzungspflicht im schlimmsten Fall irrelevant ist für mehr Radverkehr und eine höhere Sicherheit. Die beiden führenden Länder haben eine gute Fahrradinfrastruktur und eine Benutzungspflicht – die keinerlei Probleme macht. Man müsste lange suchen, um einen niederländischen oder dänischen Radaktivisten zu finden, der Radfahren auf der Fahrbahn fordert. (Sie fordern allerdings die weitere Verbesserung der Radwege.)

Das Vereinigte Königreich hat hingegen sehr wenig echte Fahrradinfrastruktur, die erwähnenswert ist. Allgegenwärtig sind nur Radspuren, die auf die Straßen gemalt wurden. Das Recht, auf der Fahrbahn zu radeln, hat den britischen Radfahrern nichts gebracht. Im Gegenteil, wenn Mischverkehr mit Autos und Lkw das Entwicklungsziel ist, können Verkehrsingenieure den Radverkehr völlig ignorieren. Er wird obsolet, eine historische Fußnote.

Eine verkehrsreiche Straße in London, wo jeder Radfahren kann – aber wenige das tun.

Ja, jede Person – vom Kind bis zum Senior – hat das Recht, hier zu radeln. Komisch, dass so wenige das Recht ausüben.

Und das ist genau das, was in Deutschland passieren würde, wenn die entsprechenden Fahrradaktivisten ihren Wunsch nach Radfahren auf der Fahrbahn erfüllt bekommen. Die meisten Menschen – nicht Radaktivisten, nur Leute, die einfach ihr Fahrrad als normales Verkehrsmittel verwenden – wollen nicht im Autoverkehr mitfahren. (Die meisten ziehen sogar Radwege von miesester Qualität vor, um nicht unter Kraftfahrzeugen radeln zu müssen.)

Radfahren unter Kraftfahrzeugen ist nie wirklich angenehm, sicher und bequem. Wenn das die einzige Möglichkeit ist, dann werden die Menschen mit den Füßen abstimmen und aufs Fahrradfahren verzichten, wie es in Großbritannien passiert ist.

Die Öl- und Automobilindustrie muss sich vergnügt die Hände reiben, wenn sie sehen, dass so viele Radaktivisten genau das fordern, was das Radfahren töten würde.

Radfahren ist viel zu gut für die Fahrbahn

Das Fahrrad ist ein wunderbares Verkehrsmittel, besonders in den Städten. Es ist sauber und schnell, es fährt direkt vom Start bis zum Ziel. Man braucht nur wenige Sekunden, um loszufahren oder zu parken. Es ist egalitär, geeignet für alle Menschen jeden Alters und mit allen Fähigkeitsgraden, es ist verhältnismäßig sicher für die Nutzer und im Vergleich zu Kraftfahrzeugen extrem sicher für Dritte.

Das Fahrrad ist ein viel zu gutes Transportmittel, um es unter Kraftfahrzeuge zu mischen. Autos verschmutzen die Umgebung und sind gefährlich, ihre Staus halten alle auf, sie brauchen ewig zum Manövrieren und Parken. Wie sollte das Radfahren besser werden, wenn man es damit vermischt? Es hat von Natur aus positive Eigenschaften, die sowohl durch schlechte Radwege als auch durch Mischverkehr mit Kraftfahrzeugen ausgehebelt werden.

Autoverkehrsstau in London. Ein Bus und vielen Autos, kein Raum für Radfahren, man muss nur warten und Abgas einatmen.

Radfahren verdient etwas Besseres, als mit dem Kraftverkehr vermischt zu werden. Staus sind ein angeborenes Problem des Autos und würden Radfahrer nur ausbremsen.

Radfahren löst oder mindert so viele Probleme in den Städten, dass es würdig ist, priorisiert zu werden, damit es seine Stärken ausspielen kann als bequemste und offensichtliche Wahl für Kurz- und Mittelstrecken in der Stadt. Es muss als eine eigene Verkehrsart behandelt werden. Eine, die wichtig genug ist, ihren eigenen Platz im Straßenraum zu haben – weder auf den Bürgersteig gequetscht, noch unter Kraftfahrzeuge gemischt.

Mehr Radverkehr ist ein Gewinn für alle (mit Ausnahme der Ölgesellschaften). Die Verantwortlichen in den Gemeinden sollten dem Fahrrad eine hohe Priorität einräumen. Selbst Menschen, die nie Rad fahren, profitieren von mehr Fahrradverkehr, weil er Staus vermindert, zu sauberer Luft beiträgt, die Zahl der Unfälle reduziert und öffentliche Verkehrsmittel entlastet. Umgekehrt schädigt mehr Kraftfahrzeugnutzung uns alle – größere Umweltverschmutzung, längere Staus, mehr Unfälle, schwerere Verletzungen bis hin zu Todesfällen.

Die einzige bewährte Methode, die wirklich das Radfahren fördert, ist es, eigenen Raum für Fahrradfahrer zu verlangen. Das bedeutet echte, bauliche Radwege an Hauptverkehrsstraßen – nennen wir sie meinetwegen Radfahrbahnen, wenn ihr wollt. Nebenstraßen sollten gefiltert werden (zum Beispiel mit Pollern und/oder Einbahnregelungen), um zu verhindern, dass Kraftfahrer sie als schnelle Abkürzung nutzen. Das ist gut für Anwohner, Fußgänger und Fahrradfahrer. Dafür erforderlich ist Netzwerkplanung, nicht unzusammenhängende Bruchstücke.

Viele Leuten, die Fahrräder nutzen, in beide Richtungen.

Wer den Radverkehr fördern will, muss ihn als ein wichtiges, echtes und eigenständiges Verkehrsmittel behandeln. Man darf Radfahren nicht bloß als schnelles Gehen oder langsames Autofahren behandeln.

Radfahren sollte ein wichtiger Bestandteil der Verkehrspolitik sein. Lediglich darum zu bitten, dass es wie Autofahren behandelt wird – auf die Fahrbahn geschleudert unter gefährliche Maschinen – würde nur zu weniger Radverkehr führen, wie das Beispiel Großbritannien so deutlich gezeigt hat.

Wir sollten die besten Länder als Vorbild nehmen. Schauen wir in die Niederlande für die gelungensten Lösungen (und bewahren wir einen kritischen Blick für die weniger gelungenen). Und verlangen wir, dass die Lösungen mit der Priorität behandelt werden, die der Radverkehr verdient hat.

Wenn Fahrradbefürworter nicht das Beste fordern, wer sonst?

Sechs Fotos von niederländischen Radler, von junger Kinder bis ältere Menschen, alle fahren angenehm mit dem Rad, in sicherheit.

Sofern die Bedingungen für den Radverkehr gut sind, steht weiten Teilen der Bevölkerung ein schnelles, gesundes und preiswertes Verkehrsmittel zur Verfügung.

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Nachhaltige Sicherheit

Dieser Artikel wurde von David Hembrow verfasst und erschien ursprünglich in seinem englischsprachigen Blog „A View from the Cycle Path“ im Januar 2010.

Übersetzung: Günther Reimers
Redaktionelle Mitarbeit: Daniel Pöhler

Das Niederländische Konzept des „Duurzam Veilig“, nachhaltige Sicherheit, hat die Niederlande zu einem der sichersten Länder der Welt im Straßenverkehr gemacht.

Das Programm des „Duurzam Veilig“ senkte die Zahl der Verkehrstoten in den Niederlanden zehn Jahre lang, zwischen 1998 und 2007, um je 5 Prozent. Insgesamt gab es zwischen 300 und 400 Verkehrstote weniger, eine mehr als 30-prozentige Verbesserung der Sicherheit des ohnehin, relativ gesehen, sicheren Niederländischen Straßennetzes.

Anzahl der Verkehrstoten, 1996–2011. Ein klarer Abwärtstrend bei der Zahl der Verkehrstoten.

Anzahl der Verkehrstoten, 1996–2011. Ein klarer Abwärtstrend bei der Zahl der Verkehrstoten.

Was also ist „Duurzam Veilig“ und was bedeutet das? Zum besseren Verständnis fange ich einmal mit dem an, was es nicht ist.

Oft hört man in Deutschland Rufe nach besserer Fahrschulausbildung, nach mehr Verkehrserziehung auch für Radfahrer. Fußgänger und Radfahrer werden aufgefordert, zugunsten ihrer Sicherheit helle Kleidung zu tragen und ganz allgemein selbst mehr Verantwortung dafür zu tragen, nicht von einem Auto angefahren zu werden.

Das ist keine nachhaltige Sicherheit. Nachhaltige Sicherheit bedeutet nicht, Leute dafür zu bestrafen, dass sie Fehler machen, sondern dafür zu sorgen, dass schwerwiegende Fehler nicht passieren können.

Ein möglichst hohes Niveau der Fahrschulausbildung ist selbstverständlich wichtig, da die Kfz-Fahrer diejenigen sind, die auf den Straßen potenziell tödliche physische Kräfte handhaben. Wenn die Gestaltung der Straßen und die vorgesehene Straßennutzung jedoch selbst schon Konflikte heraufbeschwören, ist es unmöglich, Fehler und Frustrationen ganz abzubauen – was sogar zu gewalttätigem Verhalten führen kann. Darüber hinaus sind Verkehrsteilnehmer auch einmal müde oder erschöpft, oft auch abgelenkt. Davor kann auch eine bessere Ausbildung niemanden schützen, diese Dinge gehören einfach zum Menschsein.

Über 3000 Verkehrstoten in 1972. Ca. 5000 Verkehrstoten in 2013.

Zahl der Verkehrstoten in den Niederlanden, 1972/2013 – rot: Kinder, blau: Erwachsene. Die Sicherheit auf den niederländischen Straßen hat dramatisch zugenommen. Die Zahl der toten Kinder ist um 98 Prozent gefallen, 2013 starben nur noch 9 Kinder auf niederländischen Straßen.

Die Niederländer haben die Zahl der Konflikte zwischen den Straßennutzern reduziert und die Sterblichkeitsrate bei denjenigen Unfällen gesenkt, die nicht zu vermeiden waren. Dazu hat man die Verkehrsinfrastruktur geändert, mit dem Ziel, die verletzlichen Verkehrsteilnehmer von der tödlichen Energie von Kraftfahrzeugen fernzuhalten.

Außerdem wurde die Gestaltung der Kreuzungen und Einmündungen geändert, so dass sich die Wege der unterschiedlichen Verkehrsteilnehmer nicht bei höheren Geschwindigkeiten kreuzen können. Hinzu kamen einige Änderungen in den Verkehrsgesetzen sowie in der Führerscheinausbildung (Fahren unter Alkohol, Pausen bei längeren Fahrten, …)

Eine sinnvolle Maßnahme sind Geschwindigkeitsbegrenzungen sowohl in der Stadt als auch auf Landstraßen (zu beachten ist jedoch, dass das bloße Aufstellen von Schildern keinesfalls ausreicht). Von insgesamt 120.000 Kilometern Straße in den Niederlanden wurden auf 41.000 Kilometern die Tempolimits von 50 auf 30 km/h reduziert, und auf über 33.000 Kilometern wurde die Geschwindigkeit von 80 auf 60 km/h reduziert.

Aus dem Artikel: „Aktuell unterliegen 70% aller 30 km/h Quartiers-Verbindungsstraßen Geschwindigkeitsbegrenzungen an Einmündungen und/oder auf Streckenabschnitten, ebenso wie 45% aller 60 km/h Straßen.“ Durch Tempo 30 wurden laut Schätzungen 51 bis 77 tödliche Verkehrsunfälle verhindert, weitere 60 durch die 60-km/h-Landstraßen.

An vielen 30-km/h-Straßen wurden Maßnahmen ergriffen, um den Kfz-Verkehr außen vor zu halten.

Leuten radeln auf einem Radweg, die weit entfernt von jede Fahrbahn ist

Radwege mit genügend Abstand zum motorisierten Verkehr lassen Konflikte und Gefahr erst gar nicht aufkommen.

Ebenso wird der Anlage von Kreisverkehren 11 gerettete Leben zugesprochen. Straßennutzungs-Design geht jedoch weit darüber hinaus.

Ampelgesicherte Knotenpunkte in den Niederlanden funktionieren anders als vergleichbare Knotenpunkte in Deutschland. In den meisten Fällen hat der motorisierte Verkehr, der bei Grün fährt, keine Möglichkeit, andere Verkehrsteilnehmer auch nur störend zu beeinflussen, die ebenfalls bei Grün, jedoch in eine andere Richtung fahren. Als Beispiel sei die Beseitigung des Konfliktes geradeausfahrende Radler versus rechtsabbiegende Kfz durch Knotenpunkt-Design genannt. Darüber hinaus können Radler viele Ampelanlagen meiden und damit auch die vielen Gefahren, die solche Kreuzungen verursachen.

All diese Maßnahmen haben sich gesellschaftlich als kosteneffizient erwiesen, den eingesetzten Mitteln steht ein vierfach höherer Nutzen gegenüber. Ein Leitmotiv der niederländischen Verkehrspolitik und im Besonderen der Radverkehrspolitik besagt, dass betreffende Maßnahmen nicht als Kosten, sondern als Vorteil gesehen werden. Die Niederlande sind eine wohlhabende Nation. Der Wohlstand rührt zum Teil aus dem vernünftigen Straßendesign.

Natürlich könnte man sich damit zufriedengeben, die sichersten Straßen der Welt zu haben. Um jedoch Menschen vom Radfahren zu überzeugen, braucht man subjektive Sicherheit. Die Leute müssen sich sicher genug fühlen, damit sie selbst und auch ihre Kinder Rad fahren wollen.

Dem wurde mit einer Reihe von Maßnahmen entsprochen und erfreulicherweise führten genau die Maßnahmen, die die reale Sicherheit und die nachhaltige Sicherheit verbesserten, auch zu einer Erhöhung der subjektiven Sicherheit.

Das Ergebnis ist der höchste Radverkehrsanteil der Welt, mit einem sehr hohen Anteil in allen Bevölkerungsschichten.


Literaturhinweise

Auf Deutsch:

  1. Die drei Arten der Sicherheit

Auf Englisch, aus „A View from the Cycle Path“:

  1. Der sichersten Länder der Welt im Straßenverkehr
  2. Absenken der Geschwindigkeitsbegrenzung ist nicht genug

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Gute Radinfrastruktur der Woche #10

Leute radeln durch einen städtische Winterlandschaft auf einen Radweg, von dem der Schnee ganz weggeräumt wurde.

Der gute Radweg stellt sich nicht nur durch sein Breite und den roten Asphalt dar. Es ist auch sehr gut, was NICHT nicht da ist: Schnee.

Instandhaltung, also auch Wintereinsatz, ist ein wichtiger Bestandteil jeglicher Infrastruktur. Was auf dem Foto schön zu sehen ist, ist, daß der Schnee weggeräumt wurde, so daß der Radweg befahrbar ist. Wenn dies nicht weggeräumt worden wäre, könnte hier auch weniger (und gefährlicher) radfahren.

Das Foto ist von David Hembrow, mit Dank. Man kann Beiträge (auf englisch) über Radinfrastruktur in Winter auf David’s Blog finden.

Foto zeigt: Nobellaan, Assen, die Niederlande – Google Streetview.

Dieser Artikel erschien ursprünglich bei der Großbritannien Fahrradbotschaft.

Übersetzung: Katja Leyendecker

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Gute Radinfrastruktur der Woche #9

Kinder fahrt mit Räder, an einem ebene, breite, von Kraftfahrzeugen getrennt Radweg, die temporäre ist.

Ein Radweg, der aber noch nicht ganz fertig gebaut wurde (oder vorübergehend ist). Aber seine Breite und Oberflächenglätte sind auch schon jetzt beeindruckend.

Der Radweg ist von der Auto-befahrenden Straße getrennt ausgelegt. Die Trennung erfolgt durch einen Rasen/Erdabschnitt und auch mit Pollern. (Die Pollern sind auf dem Foto aber leider von den radfahrenden Kinder verdeckt.)

Es ist wichtig, dass Radwege auch durch Baustellen hindurch weitergeführt werden.

Weg Tot De Wetenschap, Utrecht, in den Niederlanden. Hier ist der Link zu Google Streetview – heute sind die Straßenbauarbeiten fertig, und der Radweg und die Fahrbahn sind weit auseinanderliegend.

Dieser Artikel erschien ursprünglich bei der Großbritannien Fahrradbotschaft.

Übersetzung: Katja Leyendecker

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Gute Radinfrastruktur der Woche #8

Ein Vater und Tochter radfahren neben eine sehr verkehrsreiche Straße, aber sicher sind, weil sie fahren auf einem Radweg, dass um ca. 6m getrennt von die Fahrbahn ist

Ein ganz normaler Radweg, entlang einer Landstraße, auf dem Radfahren für jederman ganz einfach gemacht wird.

Dieser breite reibungsfreie Radweg verläuft entlang einer Landstraße, die nach Gouda führt von der A12 aus. Wie das Foto zeigt, auch Kinder können hier Radfahren, in Sicherheit und Bequemlichkeit.

Hier ist der Link zu Google Streetview.

Dieser Artikel erschien ursprünglich bei der Großbritannien Fahrradbotschaft.

Übersetzung: Katja Leyendecker

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Wer sonst noch von der niederländischen Fahrrad-Infrastruktur profitiert

Dieser Artikel wurde von Mark Wagenbuur verfasst und erschien ursprünglich in seinem englischsprachigen Blog „Bicycle Dutch“ im Dezember 2012.

Redaktionelle Mitarbeit: Daniel Pöhler

Hin und wieder zeigt eins meiner Videos jemanden mit einem Elektromobil auf dem Radweg. Für die meisten Niederländer das ist nichts Besonderes, und das wird von mir normalerweise ganz zufällig gefilmt.

Menschen mit Behinderungen dürfen rechtlich alle Arten von Fahrzeugen auf Radwegen verwenden – vom Elektromobil bis zu handbetriebenen Dreirädern. Somit können sie sicher umherfahren, ohne auf die Hilfe von anderen angewiesen zu sein. Anders gesagt bieten Radwege Menschen mit Behinderungen eine große Freiheit, dorthin zu gelangen, wohin sie wollen.

Elektromobile und andere Fahrzeuge für Menschen mit Behinderungen auf niederländischer Fahrrad-Infrastruktur.

Die Gesetze für Behindertenfahrzeuge sind in Europa sehr unterschiedlich. In den Niederlanden haben Elektromobile mehrere Möglichkeiten: Sie dürfen mit 45 km/h auf der Fahrbahn fahren, was nur ein bisschen langsamer ist als der Kfz-Verkehr (50 km/h). Sie können aber auch das umfangreiche Radwegenetz verwenden. Auf diesen Wegen dürfen sie innerorts bis zu 30 km/h schnell fahren. Das wäre deutlich schneller als viele niederländische Radfahrer. In der Realität benutzen die meisten Menschen mit Elektromobilen die Radwege mit etwa der gleichen Geschwindigkeit wie die Radfahrer (20 km/h), sodass sie sich schön einfügen.

Da Elektromobile die gut gestaltete niederländische Radinfrastruktur verwenden dürfen, haben Menschen, die nicht in der Lage sind, Fahrrad zu fahren, die Freiheit, von Ort zu Ort zu reisen, auf unabhängige und sehr sichere Weise. Das ist etwas, das ihre Lebensqualität stark verbessert.

Ich weiß das aus erster Hand. Als mein Vater nach einer Reihe von leichten Schlaganfällen sein Gleichgewicht nicht mehr halten konnte und damit die Fähigkeit verlor, Fahrrad zu fahren, wechselte er zu einem Elektromobil, mit dem er dorthin fuhr, wohin er wollte oder musste. Er konnte beispielsweise weiterhin seiner ehrenamtlichen Arbeit im Utrechter Dom nachgehen, wo er Touristen begrüßte und leichte Verwaltungsarbeit erledigte.

Mit dem Elektromobil konnte er alle Arten von Kurzstrecken bewältigen, noch fast 10 Jahre, bis seine Krankheit die Teilnahme am Straßenverkehr schließlich unmöglich machte. Das waren 10 zusätzliche Jahre, in denen er einen wertvollen Beitrag für die Gesellschaft leistete, was sehr wichtig ist für das Wohlbefinden von Menschen und damit für die Allgemeinheit.

Der Nationale Gesundheitsdienst der Niederlande liefert die Elektromobile für die meisten Menschen, und manchmal kommen die Kommunen für die Kosten auf, oder sie vermieten die Fahrzeuge für längere Zeiträume. Elektromobile werden vor allem denjenigen zur Verfügung gestellt, die noch kurze Strecken laufen können. Wenn die Fahrzeuge nicht mehr verwendet werden, müssen sie manchmal zurückgegeben werden.

Nach niederländischem Recht werden Rollstühle wie Fahrräder behandelt und Elektromobile wie Mofas oder Motorroller. Aber die Niederländer nehmen die beiden Fahrzeugarten sehr unterschiedlich wahr. Während sich viele Leute über zu schnell fahrende Motorroller oder Mofas auf den Radwegen beschweren, beklagen sich nur sehr wenige über Behindertenfahrzeuge.

Ich denke, dass viele Niederländer einen Angehörigen oder eine andere nahestehende Person haben, die abhängig von einem Elektromobil ist. Sobald man merkt, wie wichtig so ein Fahrzeug für manche ist, teilt man den Radweg sehr gerne mit Leuten auf einem Elektromobil oder einem anderen Behindertenfahrzeug.

Neben dem Fahrer eines Elektromobils zu radeln, ist so alltäglich, dass es auch als Bild in der Werbung benutzt wird, wie man in diesem Video sehen kann. Mit dem Film sollen Menschen ermutigt werden, ein Maatje (Kumpel) von jemandem zu werden, der ein Behindertenfahrzeug nutzt.

Mitglieder des Elektromobil-Vereins Eindhoven testen den Fahrradbrücke »Hovenring«

Mitglieder des Elektromobil-Vereins Eindhoven testen den Hovenring

In den ganzen Niederlanden gibt es Clubs für Menschen mit Elektromobilen, die gemeinsame Touren unternehmen. Als der Hovenring in Eindhoven gebaut wurde, bat man die lokale „Scootmobiel vereniging“, die Steigung der Zugänge zu testen.

Fazit: Von guter Fahrrad-Infrastruktur profitieren nicht nur Menschen aller Altersgruppen, die mit dem Rad fahren wollen, sondern auch Fußgänger, die durch Radwege besser vor dem Kraftverkehr geschützt sind. Außerdem steigern Radwege die Lebensqualität von Menschen mit Behinderungen. Kurzum, Radwege sind gut für die Gesellschaft.

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Gute Radinfrastruktur der Woche #7

Ein Radweg führt um die Ecke, genau wie der Gehweg. Zebrastreifen für Fußgänger, den Radweg zu überqueren. Ampeln für den Fahrbahn zu zu Fuß überqueren oder mit Rad überfahren.

In den Niederlanden ist das ungehinderte Rechtsabbiegen mit dem Fahrrad an der Ampel eine ganz normale Angelegenheit. Diejenigen, die mit dem Rad fahren, können einfach rechtsabbiegend weiterfahren, auch dann, wenn die Ampel für den geradeausfahrenden Verkehr auf Rot steht.

Das ist möglich, weil die Radwege, die um die Ecke führen, nicht Teil der Kreuzung sind (genau wie Gehwege, die um die Ecke führen). Rechtsabbiegen mit dem Rad ist somit ganz einfach und man muß sich gar nicht weiter mit der Kreuzung und der Ampelschaltung befassen.

Zu Fuß überquert man den Radweg auf einem Zebrastreifen, auch unabhängig von der Ampelschaltung.

Jan van Galenstraat und Willem de Zwijgerlaan, Amsterdam – Google Streetview.

Dieser Artikel erschien ursprünglich bei der Großbritannien Fahrradbotschaft.

Übersetzung: Katja Leyendecker

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