Zitate von den Verfechtern des Fahrbahnradfahrens, auch mit Fotos von den Niederlanden

Dieser Artikel erschien ursprünglich auf meinem englischsprachigen Blog im August 2012.

Redaktionelle Mitarbeit: Katja Leyendecker

Der moderne Führer des Fahrbahnradfahrens heißt John Forester (USA). Später war auch sein Anhänger John Franklin in Großbritannien sehr einflussreich. Beide von ihnen haben Bücher über Fahrbahnradeln geschrieben, die sehr einflussreich waren – natürlich, an sich stellt das kein Problem dar.

Aber leider führten beide dieser Fahrbahn-Befürworter einen Kampf gegen Radinfrastruktur, weil sie so fest davon überzeugt waren/sind, dass es „Radfahrer am besten geht, wenn sie als Kraftfahrzeugfahrer auf der Straße agieren und als Kraftfahrzeugfahrer wahrgenommen werden“. Jahrzehntenlang war Radaktivismus in den USA und in GB von dieser Idee beherrscht – selbst wenn das Radfahren in diesen Ländern immer weiter abnahm.

Ihre Befürwortung des Fahrbahnradelns hat noch dazu in die Hände der Autoindustrie gespielt. Es führte auch dazu, dass über viele Jahren hinweg der Straßenbauingenieur, wenn er eine Ausrede für schlechte Radverkehrsumstände brauchte, einfach sagen konnte: „Ne, ist nicht notwendig den Radverkehr zu berücksichtigen. Die Radler wollen doch zwischen den Autos und LKWs fahren. Abgehakt!“

Als ich zum ersten Mal in den Niederlanden war, wurde mir der Wahnwitz dieser Worte ganz klar. Ihre Lehren stehen der Wahrheit und der Realität völlig entgegen. Eine effektive Radinfrastruktur existiert flächendeckend in den NL.

Glücklicherweise hat uns das Internet einen tollen Einblick in gute und effektive Fahrradinfrastruktur in den Niederlanden und auch anderen Ländern verschafft. Foresters and Franklin’s Idee das „Fahrradfahren als Autofahren zu behandeln“ wird nun in GB und USA glücklicherweise nur noch mit einem Schmunzeln betrachtet.

Also, um den Wahnsinn deutlich darzustellen, habe ich die Worte dieser beiden Fahrbahn-Befürworter mit niederländischen Szenen kontrastiert. So können wir dann deutlich sehen, dass diese ehemaligen Kaiser gar keine Kleider tragen.

Klicken Sie auf das Bild für eine größere Version.

Foto: Zwei junge Mädchen radeln auf Radweg, sicher getrennt von eine verkehrsreiche Fahrbahn. John Forester: „Ich habe viele gefährliche Dinge beschrieben: die gefährlichsten sind Radwege und verkehrsberuhigte Wohngebiete. Die richtige Art, dieser Einrichtungen zu bewältigen, ist sie nicht zu benutzen, und statt dessen auf der normalen Fahrbahnen zu fahren.“

Ja, na los, Mädchen! Folgt dem Ratschlag von John Forester, und fahrt auf der Fahrbahn. Alles wird gut gehen, solang ihr eure Fahrräder als Kraftfahrzeuge benutzt.

 

Foto: Zwei Familien mit kleine Kinder fahren auf eine echte Radweg in die Niederlande. John Franklin: „Die sichere Benutzung der meisten Radinfrastrukturen braucht mehr Fähigkeit und mehr Erfahrung. Es sind die Unerfahrenen, die am häufigsten die Konsequenzen tragen.“

Ach, diese arme Mäuse, die diese bösen Folgen der niederländische Radinfrastruktur erleiden müssen!

 

Foto: Dutzende Radfaher'n am Hauptverkehrszeit in Utrecht. John Franklin: „Trennung [von Radverkehr und Autoverkehr] hat keine nachweisbaren Erfolge und ist kein Sprungbrett für gutes Radfahren oder mehr Radfahren.“

Er hat recht, dieses Szene ist eine Fantasievorstellung. Falls du mal Utrecht in der Hauptverkehrszeit besuchst, wirst du nur leere Radwege finden. Die sind alle nur zur Schau, wie die Autobahnen in Nordkorea.

Foto: Rennradler auf niederländische Radweg. John Franklin: „Effizientes und schnelles Radfahren ist wichtig, wenn Radfahren als Verkehrsmittel mit dem Auto konkurrieren soll. Jegliche Art von getrennten Radwegen verhindert das, weil die Radwege das Radfahren langsam und gefährlich machen.“

Dieser Mann fährt sein Rennrad langsam. Er trägt Elasthan nur, um sexy rüberzukommen.

 

Foto: Ein klein jung Mädchen, fährt mit Rad auf Radweg. John Franklin: „Die zusätzliche Sorgfältigkeit, die durch die Anwesenheit von Kraftverkehr erzwungen ist, schafft üblicherweise die sicherste Bedingung für Radfahren.“

Wenn nur einige Lastwagen und Taxis hier wären, würde dieses Kind wirklich viel sicherer sein, und geschützter vor all diesen Radwegen!

 

Foto: Zwei smarte Geschäftsleute auf ein Radweg entspannte fahrradfahren. John Forester: “Warum beharren die Niederländer denn darauf, das Fahrrad als Verkehrsmittel zu benutzen, wenn doch das System so sehr gegen sie gerichtet ist? Warum fahren sie denn Rad, wenn die Radverkehrsanlagen sie doch durch niedrige Geschwindigkeiten und große Verzögerungen eingeschränkt? Diese Nachteile werden ihnen aufgezwungen, durch die gefährliche Gestaltung des Systems, dass sie gezwungen werden zu benutzen.“

Das System ist so massiv gegen diese Leute verschworen! Kannst du nicht sehen wie die schlechte Stimmung und der Stress sich in den Gesichtern widerspiegelt?

 

Drei Fotos: Ein Frau radelt mit Kinder in Kinderlastenrad, zwei junge Kinder nebeneinander radeln und plaudern, und ein alter Mann mit Behinderungen auf ein Dreirad. John Franklin: „Man ist als Radfahrer am sichersten im Straßenverkehr, wenn man die gleiche Geschwindigkeit der anderen Fahrzeuge aufrecht erhält. Eine 32km/h Sprintgeschwindigkeit ermöglicht die meisten Verkehrssituationen ganz einfach zu bewältigen.“

Ich bin sicher, dass diese Leute mit 32km/h gut und gerne radfahren können. Wenn nicht, dann sollten sie halt nicht mit dem Fahrrad fahren. Es ist kein Verkehrsmittel für alle, sondern ein knallhart Sport für ernste Männer wie John Franklin!

 

Foto: Klar gestaltete Radweg am Straßenkreuzung. John Forester: „In Stadtgebieten werden Radwege in ein schreckliches Durcheinander von Einfahrten und Kreuzungsverkehr verwoben.“

Kürzlich in den Niederlanden: Ein schreckliches Durcheinander von Einfahrten und Kreuzungsverkehr. Was für ein undurchdringlicher Dschungel, Herr Forester!

 

Schließlich ein Foto aus England…

Foto: Schwere LKWs in London, verkehrsreiche Fahrbahn. John Forester: „Vehicular cycling (Fahrradfahren wie Autofahren), so benannt weil der Radfahrer sich als Kfz-fahrer verhalten sollte, bietet eine so schnelles und angenehmes Erlebnis, dass die einfache Freude des Fahrradfahrens das Ärgernis des schweren Verkehrs überwindet.“

Das kannst du deiner Oma erläutern.

 

Vielleicht soll ich das letzte Wort zu diesem amerikanischen Kommentator, Eli, lassen, der über einem Blogpost über die Wiederveröffentlichung des Buch von John Forester, geschrieben hatte:

„Ich las das Original von vorne bis hinten, und ich machte auch die ganze LAB (Bund der amerikanische Zweiradfahrer) Fahrradausbildung. Damals machte es Sinn – ich hatte ja nur eine Wahl zwischen begrenzten, gefährlichen, unfähig entworfenen Radwegen, oder der Fahrbahn.

Dann zog ich gen Niederlande. Meine stärkste Erinnerung daran, ist die tägliche Erleuchtung, wie John Forester unser ganzes Land getäuscht hatte. So weit, dass wir gefährliche Infrastruktur wollten, die uns wiederrum selbst verweigert hatte, die Freude und die Freiheit zu genießen, die ich jetzt jeden Tag sah: Kinder mit Bewegungsfreiheit, Mütter mit drei Kindern auf ihrem Fahrrad, und Senioren, die ein gesundes Leben leben.

Dieses Buch gehört in den Mülleimer der Geschichte, zusammen mit seiner gescheiterten Ideologie.“

Stimmt!

 

Bildnachweise: Bakfiets von Goya Bauwens / Dreiräder und die zwei plaudernde Kinder von Mark Treasure / LKWs in London von Rossi.

9 Kommentare

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9 Antworten zu “Zitate von den Verfechtern des Fahrbahnradfahrens, auch mit Fotos von den Niederlanden

  1. Hallo Katja,

    ja, wenn sich intelligente Strategien doch nur duurch Polemik ersetzen liessen. Dann wäre das ein halbwegst tauglicher Beistrag zur Diskussion.

    Bild 1 und Bild 4 zeigen das Problem Eurer Sichtweise sehr deutlich: linksseitige Radwege, die sich entgegen dem „normalen“ Verkehrsfluss bewegen. Wer regelmässig radfährt, weiss, dass man auf solchen Wegen regelmässig übersehen wird. Wir gehen also zurück zu Bild 1 und stellen uns vor, der auf dem Bild zu sehende LKW wäre rechts abgebogen – damit wären die beiden „Mädchen“ leider Opfer der häufigsten tödlichen Unfallsituation zwischen Kraftfahrzeugen und Radfahrern geworden – dem Abbiegeunfall durch Übersehen.

    Wer separate Radwege fordert, fordert auch Separierung- und damit Abbiegeunfälle durch Übersehen. So lange Ihr dafür keine Lösung habt, sind diese Texte gefährlicher Unsinn.

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    • Irgendwer

      Die große Frage vorneweg wäre: Warum arbeitet man sich hier an Leuten ab, auf die sich keiner oder fast keiner bezieht? Ich habe mal in das Buch reingeschaut, fand es wenig weiterbringend und bin trotzdem nicht der Ansicht der Verfasser hier. Ich möchte in jeder Straße sicher und zügig fahren können und nicht nur in Straßen mit Radwegen, wenn sie denn nun tatsächlich dazu geeignet sind. Wir sind hier nicht in einem Land,dass den Alltasgsradverkehr vergessen hat. Wir haben Phase 1 (Leute fangen an Rad zu fahren) und Phase 2 (Politik reagiert mit Radwegen) hinter uns und so richtig fahrradfreundlich sind wir dadurch nicht geworden. In Phase 3 probieren wir nun halt was Neues. Andere Länder sind da noch nicht so weit.

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    • Susi

      Ja, der Artikel ist Polemik pur. Bild 1 zeigt ja leider auch eine Situation, wo die Sichtbeziehungen miserabel sind, denn Autos aus der Nebenstraße, die nach rechts oder links abiegen wollen, müssen die beiden Radfahrerinnen durch zwei Zäune beobachten, wenn sie vor der radwegefurt anhalten. Selbst bei guter Sicht schauen nach meinen Beobachtungen in solchen Situationen mehr als 70% der Autofahrer, die nach links abbiegen wollen, nur nach links und übersehen die radfahrer von rechts. Entsprechende Unfallhäufungsstellen haben wir dann landauf und landab.
      Man dürfte erwarten, dass den Autoren das Problem bekannt ist, wenn sie „gute Radwege“ fordern und sich nur ansatzweise mit Radverkehrssicherheit beschäftigen. Dass sie trotzdem so ein mieses Bild verwenden, um für die angeblich sicheren Radwege zu werben, zeigt wohl eher, dass es um Populismus geht, statt um eine Debatte um sicherere Wege für Radfahrende.

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  2. Pingback: Einrichtung von Radverkehrsanlagen ist situationsbedingt – katsdekker

  3. Schwanzus Longus

    Danke für den Artikel! Endlich weiß ich wo diese unlogische, weltfremde, fanatische Psychopathendenke herkommt. Ist anscheinend einfach die „amerikanische Schule“. Dort kennt man ja traditionell kein normales Radfahren. Entweder man fährt mit dem Pickup Zigaretten holen, oder man ist gefälligst Fanatiker mit Rennrad, Trikot, Klickschuhen, Bikerbrille und Helm, und muss immer unbedingt 40 km/h fahren. Und natürlich immer auf der Strasse. Um sich dann darüber zu beschweren dass dort Autos fahren. Und dass die irgendwann überholen (NEIN! Diese Schweine!11!!), weil sie irgendwann ankommen möchten (versteht der Fahradtaliban mit seinen 24h Freizeit pro Tag natürlich nicht). Sehr aufschlussreich!

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  4. Susi

    Leider stellen die Bilder keinen fachlichen Beitrag zur Debatte dar. Die Idee, auf der Fahrbahn zu fahren, stammt doch daher, weil viele Studien aus unterschiedlichen Ländern gezeigt haben, dass die Unfallraten auf Straßen mit Radwegen höher sind als auf Straßen ohne Radweg. Es wäre daher doch schön, sich mit dieser Problemlage auseinanderzustzen, statt Bilder vergnügter Menschen auf Radwegen zu zeigen. Wenn mehr als 3/4 der Autofahrer beim Abbiegen keinen Schulterblick machen, dann ist wohl auch klar, dass man Radwege nicht als sicher verkaufen kann, es sei denn, dass man ihnen an jeder Grundstückszufahrt die Vorfahrt nimmt.
    Die andere spannende Frage ist doch, ob die Radwege zuerst da waren und dazu geführt haben, dass viele Menschen Rad fahren oder ob die hohen Radverkehrsanteile zuerst da waren und dann die Radwege gebaut wurden.
    Eine spannende Frage ist übrigens auch, warum der Radverkehrsanteil in den Niederlanden (abgesehen von den Innenstädten) so gering ist, obwohl doch angeblich dort die Infrastruktur so unübertroffen ist. Die Niedeländer fahren gerade mal doppelt so viele Kilometer mit dem Rad wie die Deutschen. Warum gelingt es in den Niederlanden (oder auch in Münster) nicht, dass noch mehr Menschen auf den Umweltverbund umsteigen?

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  5. Pingback: UNGLEICHE GLEICHBERECHTIGEN – Teil 2 – Darmstadt fährt Rad

  6. tut nichts zur Sache

    Wenn man die Bilder aus den Niederlanden sieht dann sieht man auch recht schnell warum es dort klappt mit dem getrennten Radweg: Die Wege sind ausreichend breit und auch wahrnehmbar für den Autoverkehr.
    Das ist leider eine ganz andere Nummer als den Murks den wir in Deutschland leider all zu häufig vorfinden: Schmal und am besten noch versteckt durch Hecken oder Leitplanken. Gerne dann auch noch abschnittsweise auf der falschen Straßenseite …
    Daher fahre ich regelmäßig auf der Straße mit, da werde ich wenigstens wahrgenommen.

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