Dieser Artikel erschien ursprünglich im August 2014 bei der Großbritannien Fahrradbotschaft.
Redaktionelle Mitarbeit: Daniel Pöhler
In diesem Blogbeitrag werde ich versuchen zu definieren, was einen tollen Fahrradweg ausmacht. Trotz des Titels entstammen die Fotos nicht meinen Träumen – alle Bilder zeigen tatsächlich existierende Radwege. Sie sind nicht in jeder Hinsicht perfekt, aber sie besitzen jeweils mindestens eine positive Eigenschaft, von der ich glaube, dass sie wichtig ist.
Der Schwerpunkt dieses Textes liegt auf den physikalischen Eigenschaften eines städtischen Radwegs, also habe ich andere wichtige und wertvolle Maßnahmen (wie Teilsperrung von Durchfahrtsstraßen und Entwirrung von Fahrrad- und Kfz-Routen) ausgelassen.
Ich möchte darauf hinweisen, dass selbst ein perfekter Radweg von geringem Nutzen ist, wenn er allein ist. Es ist sehr wichtig, dass Radwege direkt und bequem sind und dort langführen, wo Menschen fahren wollen. Nur so kann ein dichtes Netz von sicheren Radstrecken entstehen. Diese Netze sollten nicht am Rand der Stadt verschwinden, sondern auch über Land führen, von Stadt zu Dorf und wieder in die Stadt.
Mein Traumradweg…
Mein Traumradweg ist breit. Breit genug, dass ich mit einem Freund oder einer Freundin plaudern kann, während uns noch jemand bequem überholen kann. Breit genug, dass drei Freunde zusammen fahren können. Breit genug und barrierefrei für Menschen mit ungewöhnlichen Fahrrädern, Lastenrädern, Kinderanhängern oder Rollstühlen.
Er wird aus ebenem, rotem Asphalt sein. Eben, weil über Bodenwellen zu fahren unbequem ist und Energie verbraucht. Und rot, weil es klar macht, dass dies nicht irgendeine Straße ist. Roter Asphalt bedeutet: „Das ist zum Radfahren“.
Es wird keine unnötigen Schwellen oder Kanten geben. Der Radweg wird nicht plötzlich abgesenkt, sondern verläuft an Einfahrten oder Nebenstraßen auf gleicher Höhe weiter. Wenn eine Höhenänderung erforderlich ist, erfolgt sie sanft und über eine lange Strecke – sie sollte kaum wahrnehmbar sein.
Der Radweg wird höhenmäßig zwischen Fahrbahn und Gehweg verlaufen, um ihn von beidem abzugrenzen. Er sollte angewinkelte Randsteine haben, sodass die gesamte Breite ohne Sturzgefahr genutzt werden kann.
Er ist durchgehend, nicht unterbrochen von Einmündungen, Bordsteinen oder Zufahrten. An Kreuzungen führt der Radweg klar und intuitiv weiter.
Er hat mindestens einen Meter Abstand zur Fahrbahn, damit Radfahrer nicht direkt neben Kraftfahrzeugen fahren müssen. Je schneller und schwerer der Kfz-Verkehr ist, desto größer sollte die Trennung sein.
Der Radweg fließt reibungslos hinter Bushaltestellen entlang, ohne Verringerung der Qualität und mit klaren, ebenen Übergängen für Menschen, die die Bushaltestelle nutzen wollen.
Auf Brücken und an Unterführungen ist die Steigung sanft und die Passage breit. Die Stelle wird kein fauler Kompromiss sein, sondern ein fester Bestandteil eines hochwertigen Radwegenetzes.
Der Radweg wird zuverlässig sein, Tag und Nacht zugänglich und in allen Jahreszeiten gut gepflegt – es ist essentiell, dass der Weg immer befahrbar ist. Sollte er einmal gesperrt werden müssen, wird eine sichere Alternative zur Verfügung gestellt.
Er ist geeignet für alle, egal wie geschickt oder körperlich fit, einschließlich kleine Kinder…
…ältere Menschen…
…Rennradfahrer…
…und Menschen mit Behinderung.
Fotos mit freundlicher Genehmigung von David Hembrow und Mark Treasure.
Besten Dank für diesen inspirierenden Artikel. Auch wenn sie explizit ausgelassen wurden, sind „andere wichtige und wertvolle Maßnahmen“ aus den Bilder herauszulesen.
Es wird klar, dass Wege für Radfahrer (ich schreibe bewusst nicht „Radwege“) ein wichtiger Teil, aber eben nur ein Teil einer guten Radinfrastruktur sind.
Allerdings bleibt die Gretchenfrage weiterhin unbeantwortet:
„Nun sag, wie hast Du ’s mit den Rechtsabbiegern?“
Auch die (von mir sehr geschätzten) Herren Hembrow, Treasure und Colville-Andersen sind bislang eine befriedigende Antwort schuldig geblieben.
Vielleicht findet sich eine Lösung. Bis dahin gilt das „Bokelmannsche Axiom“:
„Radwege und Rechtsabbieger – auf immer unvereinbar“
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Diese “Rechtsabbieger Problem” ist unverhältnismäßig aufgebläht. Ja, es existiert. Ja, es gibt Lösungen. Man kann manche diese Lösungen in die Fotos sehen.
Zum Beispiel, Bild nummer 6 zeigt ein Radweg, dass mit ein Seitenstraße kreuzt. Einen Kraftfahrzeug, dass hier rechts abbiegt, würde den Radweg rechtwinkelig überfahren, nachdem es schon gedreht hat. So, den Autofahrer und einen Radler würde im rechten Winkel zueinander sein, mit klar sichtbarkeit.
Zusätzlich, das Auto muss ein scharfes Rampe aufsteigen, und der Wendekreisradius ist eng, so Autos mussen hier fahren mit eine langsame Geschwindigkeit. Damit nicht genug, der Radweg und Gehweg sind durchgehend, wohingegen die Fahrbahn ist unterbrochen. Vorrang ist sehr klar.
Seitenstraßen kann auch als Einbahnstraßen ausgewiesen sein, und/oder filtriert also nur Anlieger ein/ausfahren, was bedeutet, dass sehr wenige Motorbewegungen vorfallen.
Dies ist nur ein Beispiel, diese Subjekt ist viel breiter, und ich werde über diesen Themen in die Zukunft schreiben. Aber es zeigt, dass diese “Rechtsabbieger Problem” ist nicht unlösbar. Mit gutem Design, man kann die Gefahren verringern oder beseitigen – wie unsere Nachbarn im Nordwest, in das sicherste Land der Welt zum Fahrradfahren, gezeigt haben!
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Ja, natürlich gibt es Situationen in denen man Radwege so anlegen kann, dass diese Problem nicht wirklich ein Problem ist – dies ist aber halt nur dort gegeben, wo so viel Platz für einen Grünstreifen existiert. DAS ist aber wirklich nicht der Regelfall. Und zu behaupten, dass Problem sei reichlich aufgebläht ist schon etwas wie blanker Hohn, wenn man auf einer 5km Fahrt im Schnitt 3 Vollbremsungen hinlegen muss, weil das Problem eben real existent ist.
Die einzige Lösung die ich dafür kenne, ist Radwege in keinem Fall mehr benutzungspflichtig auszuschildern, dann kann wenigstens jeder Radfahrer selber wählen, wo und wie er unter die Räder kommt.
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Diese Probleme sind alle von schlechtes Gestaltung. In den Niederlande sind viele Beispiele. Diese Rechtsabbiegung-Beinaheunfall sind ausgeräumt. Ich habe viel Zeit in NL radfahren verbracht, deine beschreibung von häufig Vollbremsung klingt nicht wahr.
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Du hast ein Beispiel gezeigt, bei dem so ein breiter Grünstreifen ist, dass ein Fahrzeug im 90° Winkel zum Radweg steht und so eben vollen Blick auf den Radweg hat. Wenn man dann doch einen Buckel für Autofahrer einbaut, dann ist es sehr wahrscheinlich, dass auch der blödeste Autofahrer daran denkt zu schauen und auch in der Lage ist zu schauen. Das zweifelt wohl niemand an. Realität ist aber, dass man so was fast nirgends bauen kann und wenn man es neu baut, dann werden die Städte riesig und die Wege weit – also erst recht ein Anreiz das Auto zu nehmen.
Die Realität ist aber nun mal so, dass meist nicht so viel Platz ist, dass Autofahrer abbiegen ohne zu schauen und das nicht der politische Wille da ist, solche konstruktiven Lösungen überhaupt zu bauen.
Ich habe nix dagegen, dass man so was baut, es darf nur nicht benutzungspflichtig sein. Wenn es gut ist, dann muss es das auch gar nicht, weil es dann freiwillig benutz wird.
Ich zweifel gar nicht an, dass es in Holland funktioniert, aber im Rest der Welt nicht. Wer gute Radwege will, der muss gegen die Radwegbenutzungspflichten ankämpfen nur dann werden Radwege gebaut, die man auch freiwillg gerne benutzt.
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Das Rechtsabbiegeproblem
Auf Radblogs trifft man zumeist Männer an. Eine Folge davon ist die überwiegend technische Sicht auf Probleme und der Versuch sie technisch zu lösen.
Natürlich können gute technische Lösungen Sicherheit verbessern und natürlich braucht Radverkehr gute technische Lösungen.
Das sollte aber nicht den Blick darauf verstellen, dass das Rechtsabbiegeproblem ein in erster Linie kulturelles Problem ist, das nur mit einer Radkultur zu lösen ist.
Die Studie der Kfz-Lobby finanzierten UDV „Abbiegeunfälle geradeausfahrende Radfahrer vs abbiegende PKW/LKW“ vergleicht 4 deutsche Städte in puncto Abbiegeunfälle.
Münster Konfliktrate 5,8% / UKR 27,6
Magdeb. Konfliktrate 11,5%/ UKR 33,9
Darmst. Konfliktrate 13,9%/ UKR 39,1
Erfurt Konfliktrate 13,2%/ UKR 72,1
Die Konfliktrate ist lt. den Wissenschaftlern sehr hoch signifikant mit dem tatsächlichen Unfallgeschehen korreliert.
UKR: Unfallkostenrate. Sie zeigt, dass die relativ wenigen Abbiegeunfälle in Münster obendrein kostengünstiger sind. D.h. der Schaden, den ja vor allem der Radler davonträgt, ist erheblich geringer.
Sprich: In Münster mit seinen vielen Radwegen ist der Radler mehr als doppelt so sicher vor den gefährlichen Abbiegeunfällen wie in den 3 Vergleichsstädten. (Genau die Art von Unfällen, die Kritiker wie Bokelmann für den größten und gefährlichsten Nachteil geschützter Infra halten!).
Niemand kann sagen, dass die Radwege in Münster, vergleicht man sie z.B. mit denen in NL, besonders gut ausgebaut sind und gar ein Beispiel für ausgefeilte Radverkehrsführung abgeben könnten.
Was man aber sagen kann ist, das schon allein die Konsequenz, mit der in Münster vor dem MIV geschützte Radverkehrsführungen gebaut wurden, zu einer Verkehrskultur geführt hat, in der Radfahrer ein von allen, auch von Autofahrern, sichtbarer Bestandteil des Verkehrs sind und das deshalb auf sie mehr Rücksicht genommen wird als anderswo in Deutschland.
Es ist ein Irrglaube zu meinen, dass Sichtbarkeit aus grösstmöglicher Exponierung zum Kfz-Verkehr entsteht. Das Bild entsteht nicht im Auge. Das Bild entsteht im Gehirn. Sichtbarkeit entsteht aus Seherwartung.
Dort, wo geschützte Radinfrastruktur viele zum Radfahren einlädt, dort erwarten Autofahrer, Radfahrer zu sehen. Dort sind Radfahrer sicher(er).
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Auf diese Beiträge bin ich gespannt!
Die Kreuzungs-Situation auf Bild #6 hatte ich zunächst für eine Ausfahrt gehalten.
Die Kombination von Aufpflasterungen, verengten Kurvenradien reduziert die Abbiege-Geschwindigkeit. Dies könnte in Kombination mit der geradlinig verlaufenden, einsehbaren (und erkennbaren) Fahrrad-Fahrspur tatsächlich recht „fehlertolerantes Design“ sein.
Wenn dem so ist, zeigt das letzte Bild zeigt ein eher negatives Beispiel
Wie auch immer: ihr habt einen weiteren regelmäßigen Leser. Dankeschön!
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Es gefällt mir, dass meine Antwort hat dir gespannt! Du hast recht, dass die Beispiel in den letzte Foto sollte besser gestaltet sein. Der Radweg sollte höher sein (und der Fußgängerübergang auch) mit ein Buckel für Autofahrer.
Wenn du mehr Beispielen wollen, meine English Blog hat ein Eintrag hier: https://departmentfortransport.wordpress.com/2012/08/21/continuous-paths-across-minor-junctions/
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